Dresden: Die Waldschlösschenbrücke. (Foto: M. B.)
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Dienstag, 25. August 2009

Unser schönes altes königliches Dresden

Wie anspruchslos ist Dresden? Die Stadt legt Wert auf sich. Jeder Brückenbogen, jeder Häusergiebel und jedes Törchen - die gesamte Architektur der eitlen Kleinmetropole wird daraufhin überprüft, ob auch wirklich alles so aussieht, wie es einer einstigen kurfürstlichen und gar königlichen Residenzstadt geziemt. Maßstab für Dresden ist die Vergangenheit.

Neue Bauprojekte werden nach ideologischen Maßstäben beurteilt, verhindert - oder auch realisiert. Bauen in Dresden heute bedeutet meist Langeweile oder gar Hässlichkeit. Nur im Falle der Waldschlösschenbrücke gab es wegen der angeblich misslungenen Brücken-Ästhetik nenneswerte öffentliche Proteste, während ansonsten die zahlreichen architektonischen Missetaten von der Öffentlichkeit gleichgültig oder gar willig akzeptiert werden - ein paar empörte Leserbriefe ausgenommen. Dabei gehört die Form der Waldschlösschenbrücke, zwar entfernt an eine Eisenbahnbrücke erinnernd, noch zu den gelungeneren Gestaltungen in Dresdens heutigem Architekturprofil - die Postplatzlösung, das Wöhrl-Kaufhaus und die das Rundkino einmauernden, ja: einsargenden Gebäude auf der Prager Straße sind architektonische Grausamkeiten weit größeren Ausmaßes. Wirklich Kühnes und Modernes hat dagegen in Dresden nur selten eine Chance. Dresden legt also keinen Wert auf sich.

Während die wieder aufgebauten Semperoper, Schloss und Frauenkirche zu Recht als Glanzpunkte des Stadtensembles gelten, geht es den nicht ganz so prestigeträchtigen historischen Bauten längst an den Kragen, vieles an kulturgeschichtlich wichtiger Bausubstanz verfällt weiter oder wieder... Dresden legt auch diesbezüglich keinen Wert auf sich.


Eine architektonische Beliebigkeit: Blick in die heutige Ausformung der Prager Straße.


Prager Straße Dresden - verwechselbar!


Deutschland, Deutschland überall...


Das sogenannte Blaue Haus - das etwa 1960 errichtete erste "Hochhaus" Dresdens - beherbergte einst das Institut für Arbeitsökonomik, nach der Wende zeitweise das Arbeitsamt. Es steht unter Denkmalschutz und seit einiger Zeit zum Verkauf.


Unmittelbar vor dem Blauen Haus (Hintergrund) steht auf der Tiergartenstraße die vor sich hindämmernde Villa Salzburg, einst eine der prunkvollsten und architekturgeschichtlich interessantesten Villen Dresdens. Bis 2005 hatte sich um den Erhalt und die Geschichte der Villa das in dieser Villa ansässige ehemalige Weiterbildungszentrum für Denkmalpflege und Altbauinstandsetzung e.V. (WBZ) gekümmert. Nachdem der Freistaat Sachsen seine Prioritäten für die Aus- und Weiterbildung in Denkmalpflege und Altbauinstandsetzung 2005 zugunsten einer Einrichtung und eines Masterstudienganges in Görlitz geändert hatte, musste das WBZ seine Tätigkeit beenden und aus der Villa ausziehen, seither steht die Villa Salzburg zum Verkauf, ihr Erhalt wird immer schwieriger. - Auch eine Art des Umgangs mit wertvoller historischer Bausubstanz im heutigen Dresden...


Ob die Sachsenkrieger Dresden helfen können?


Das war mal das beliebte Tanz-Etablissement und Ausflugslokal Donaths Neue Welt in Dresden-Laubegast, bekannt wurde es u.a. durch seine große Alpenkulisse mit Alpenglühn und Alpengewitter. ... Überstanden hat das historische Gebäude den Zweiten Weltkrieg und die DDR (seit 1956 war es Lagerhaus, nach der Wende blieb es ungenutzt und verfiel zusehens). Es ist von der Flut 2002 verschont geblieben. Seit 2003: Verfall und Zerstörung. Am 20. August 2004 wurde das Fachwerkgebäude durch Brandstiftung fast vollständig vernichtet. Das Ende einer Epoche...


Das frühere Kaufhaus Bergmannstraße - eine Ruine im Schatten der Gegenwart...


Mein Dresden - eben eine Stadt wie jede andere...


Unser schönes Stadtzentrum... (Alle Fotos: M. B.)

Dynamo als weltweiten Dresden-Botschafter, nicht aber als Stiefkind sehen

Sommer 2009. Im bulgarischen Weliko Tarnowo versuche ich dem Besitzer der kleinen Pension zu erklären, woher ich komme: „Dresden.“ – „Ah – Dynamo Dresden!“, war die strahlende Antwort. Ähnliches lief einige Tage später im albanischen Shëngjin ab – „Oh, Dynamo Dresden!“ rief der junge Mann spontan aus, als ich seine Frage nach meiner Heimatstadt beantwortete.

Dresden ist eine kleine Stadt, aber auch München ist in Amerika, Südafrika oder Asien nicht wegen der Pinakotheken und der Oper bekannt, sondern wegen des Hofbräuhauses und Bayern München.

Wenn man es in Sachsens Kleinresidenz ernst meint mit einem zukunftsorientierten Dresdner Selbstverständnis und einem schlüssigen Marketingkonzept, sollte man Dynamo Dresden nicht wie ein ungeliebtes Stiefkind behandeln, dem man unwillig und unter Drohungen aus der Patsche hilft. Man sollte den Verein ernst nehmen, positiv sehen, dessen Arbeit wohlwollend aktiv mitgestalten und unterstützen sowie dessen Potenzial als weltweiten Dresden-Botschafter erkennen und nutzen. Was sich stadtseitig rund um die Stadionfrage abgespielt hat, ist eine Schande für die Politiker der Landeshauptstadt.

Sogar das noch kleinere Halle an der Saale zeigt, was Standard auch in Dresden sein sollte: Dort wird das neue Stadion im wesentlichen durch die Stadt und das Land Sachsen-Anhalt finanziert, die mit ihrem Fußballverein Hallescher FC als einem Botschafter der Region, der der Club erst noch richtig werden soll, an einem Strang ziehen.

M. B.